SCHUFA Holding AG kurz vor Verkauf an Investorengruppe EQT

Die schwedische EQT-Gruppe schickt sich an, alle Anteile an der mit 2 Mrd. Euro bewerteten SCHUFA Holding AG zu übernehmen. Wesentliche Anteilseigner wie die Sparkassen, sowie Volks- und Raiffeisenbanken hingegen versuchen, dies zu verhindern und dafür zu sorgen, dass alles bleibt wie es ist. Kartellrechtlich ist diese Entwicklung hochumstritten. Auch Datenschützer begehren auf: was passiert mit den Daten von 69 Millionen deutschen Verbrauchern, wenn die SCHUFA aus dem Ausland kontrolliert wird? Die gute Nachricht hierbei: Schlimmer kann es kaum werden. DIE SCHUFA Holding AG arbeitet erwiesenermassen mit einem erschreckend grossen Anteil falscher und veralteter Daten. Die Berechnung des für Verbraucher lebenswichtigen Scorewerts wird jeder empirischen Verifikation und intersubjektiven Nachvollziehbarkeit entzogen. Stichwort Geheimhaltung. Warum das so ist? Weil führende Datenschutzprofessoren in Deutschland Gutachten schreiben, nach denen dieses Geschäftsgebaren in Einklang mit deutschen Gesetzen stattfindet. Das jedoch darf man bezweifeln. Liest man diese Gutachten, so könnte man schnell juristische Schlampigkeit vermuten. Diese Schlampigkeit ist jedoch eher untypisch für die Verfasser dieser Gutachten, hochkarätige Professoren, die seit Jahrzehnten für Datenschutz und Verbraucherrechte kämpfen. Hat möglicherweise alles seinen Preis?

Betrachtet man den europäischen Markt der Auskunfteien, so kann man beobachten, dass ein Unternehmen mit Monopolposition sich im jeweiigen Land oft wie die Axt im Walde aufführt. In Deutschland verweigert die SCHUFA den Verbrauchern den Einblick in die Entstehung des SCHUFA-Scores und hantiert mit veralteten Daten – einfach deswegen,weil echte Kontrolle fehlt.

In Tschechien gibt es keine SCHUFA. Dort ist die italienische CRIF-Gruppe Marktführer. In Deutschland ist die CRIF durch den Zukauf der Auskunftei Bürgel gewachsen, spielt aber keine echte Rolle. Die tschechische Niederlassung der CRIF mag es beispielsweise gar nicht, wenn Verbraucher die Ihnen nach DSGVO zustehenden Daten direkt anfordern, ohne die dafür eigens eingerichtete kostenpflichtige Webseite kolikmam.cz zu nutzen. In 2021 sah sich die CRIF aufgrund hunderter Auskunftsersuchen über unser Partnerportal kontrolaosbnichdat.cz derartig in Bedrängnis, dass sie einfach den Faxanschluss gekündigt hat, um so die Auskunftsersuchen zu vermeiden. Seitdem werden die Faxe von uns an die Hauptniederlassung im italienischen Bologna weitergeleitet – entgegen der flehenden Bitte des tschechischen CRIF-Supports „please don’t send Fax to Bologna!“ DSGVO ist nunmal DSGVO. In ganz Europa.

Erfahrungsgemäss sind Monopolunternehmen wie die SCHUFA in Deutschland oder CRIF in Tschechien hervorragend verdrahtet in Politik und Wirtschaft. Wer die Lebensläufe der für die Unternehmen handelnden Personen betrachtet, sieht schnell, wie nahe diese sich stehen. Dies ist per se nichts schlimmes, deutet aber drauf hin, dass eigene Karrierepläne und der Erhalt des status quo eng beieinanderliegen.

Die aktuelle Entwicklung der SCHUFA lässt zwei Szenarien zu:

  1. Es gelingt der EQT eine beherrschende Anzahl an Anteilen zu erwerben, d.h. das Recht zu erwerben, die SCHUFA Holding AG nach eigenen Vorstellungen umzubauen. Vermutlich wird man sich in einem ersten Schritt mit den drei Bereichen Produkte, Management und Arbeitsabläufe (Workflows) befassen. Die Produkte der SCHUFA sind derzeit passend für den deutschen Markt. Probleme hingegen dürften sich bei den Arbeitsabläufen (Stichwort Qualität der Datengewinnung und Datenhaltung) ergeben. Hier werden internationale Investoren sehr genau hinsehen und auf eine europaweite Einhaltung von Datenschutzstandards setzen. Schon alleine aus dem Grund, dass für eine internationale Expansion die Abläufe und Standards in den Zielländern, in denen gleiche rechtliche Rahmenbedingungen gelten (und das ist in der EU der Fall) gleich oder zumindest ähnlich sein sollten. Man wird daher in den einzelnen Ländern zugunsten der Skalierbarkeit auf kleinere Unsauberkeiten wie die unseriöse Intransparenz beim SCHUFA-Score verzichten, wird die Datenqualität erhöhen und eine Unternehmenspolitik für Verbraucher machen. Warum? Weil Unternehmen, die gegen die Verbraucher agieren, keine nachhaltigen Gewinne erwirtschaften. Die SCHUFA ist derzeit lediglich aufgrund der schieren Größe und der Quasi-Monopolstellung wirtschaftlich erfolgreich. Eine Blaupause für andere Länder ist die deutsche SCHUFA nicht. Damit einher gehen wird auch ein Wechsel im Management des Unternehmens. Die derzeitigen Führungsfiguren erscheinen wenig geeignet für einen Neuanfang und werden voraussichtlich dem Arbeitmarkt oder der Politik nach einer Übernahme zur Verfügung stehen. Für Verbraucher ist diese Entwicklung daher überwiegend vielversprechend. Seriöse Investoren haben schlicht kein Interesse, sich in jedem Land nervige Datenschutzskandale und Vertrauensprobleme zu züchten.
  2. Angenommen, es gelingt den Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken, eine Übernahme zu verhindern: an der Unternehmenspolitik wird sich wenig bis nichts ändern, große Sprünge in Sachen Digitalisierung und Verbesserung der Datenqualität werden mangels know how und mangels ambitionierten Managements voraussichtlich ausbleiben. Die derzeitige Führung nach Gutsherrenart und behördlichem Duktus wird fortgeführt – zum Leidwesen der Verbraucher, die dringend auf saubere Datenqualität angewiesen sind, denn nach wie vor gilt in Deutschland: schlechte SCHUFA – kein Kredit!

Eine 2021 von uns durchgeführte Studie belegt, dass die überwiegende Mehrheit der Deutschen der SCHUFA nicht über den Weg traut. Zuviele Bürger hatten schon Probleme mit falschen oder veralteten SCHUFA-Einträgen. Ungeachtet dessen, wer nun die Führung der SCHUFA übernehmen wird: Hauptaufgabe wird es sein, das Vertrauen in der Bevölkerung zu gewinnen. Nur ein Slogan wird da nicht ausreichen – man muss sich das Vertrauen erarbeiten. Ein sauberer Umgang mit den sensiblen Daten wäre da ein schöner Anfang.

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